In der modernen Adipositaschirurgie ist heute immer öfter vom Magenballon und immer seltener vom Magenband die Rede. Tatsächlich bietet das Einsetzen eines Magenballons eine mögliche Alternative zum Magenband, die zudem deutlich weniger invasiv sein soll: Ein kleiner Ballon wird hier mittels einer Sonde (endoskopisch, wie bei einer Spiegelung) in den Magen eingesetzt. In dem Moment, in dem sich das Volumen des Ballons vergrößert, steht nun natürlich weniger Volumen für den Mageninhalt zur Verfügung. Hierin liegt das Prinzip des Magenballons, der schlicht dafür sorgt, dass die Patienten nicht mehr so viel Nahrung aufnehmen können wie bisher. Auf diese Weise soll das Abnehmen auch in sonst aussichtslosen Fällen ermöglicht werden. Alle wichtigen Details rund um diesen Eingriff, wann er durchgeführt wird und für wen er sich eignet, erklären wir hier im Überblick.
Übrigens: Streng genommen ist der Ausdruck „Magenballon-OP“ falsch, da es sich hierbei um einen endoskopischen Eingriff und nicht um eine Operation im eigentlichen Sinne handelt.
Warum ein Magenballon? Wenn Abnehmen zum Kampf wird
Normalgewichtige und schlanke Menschen können sich oft kaum vorstellen, wie beschwerlich es für Betroffene mit Übergewicht ist, abzunehmen. Die einfache Formel „Friss die Hälfte (FDH) und viel Sport“ scheint hier einfach nicht zu zünden. Das hat verschiedene Gründe, auf die später noch eingegangen werden soll. Und das Fiese daran: Je größer das Übergewicht, desto schwerer ist es oftmals, hiergegen anzugehen.
Der Magenballon setzt an einer Stelle an, um den Teufelskreis aus erhöhter Kalorienaufnahme und Gewichtszunahme (beziehungsweise Beibehaltung des Gewichts) zu durchbrechen. Und das auf ganz und gar mechanische Weise: Er verkleinert das zur Verfügung stehende Magenvolumen. Hierzu kann er unterschiedlich groß sein oder unterschiedlich stark mit Kochsalzlösung aufgepumpt werden, je nach individuellem Bedarf. Die Folge: Es kann nun weniger Nahrung aufgenommen werden, wodurch die gewünschte Gewichtsabnahme erreicht werden soll.
https://www.youtube.com/watch?v=mKCJVKCPStY
Allerdings, und hier kommt eine Einschränkung, kann Übergewicht sehr unterschiedliche Ursachen haben. Tatsächlich gilt die simple Formel, dass zunimmt, wer mehr Kalorien zu sich nimmt, als er verbrennt. Allerdings gibt es eben auch gute und schlechte „Verwerter“ – und je langsamer der Energiestoffwechsel, desto schneller nimmt man zu. Inwiefern leichter Sport merkbare Abhilfe schaffen kann, ist unter Experten umstritten. Psychische und physische Faktoren haben hier ebenso einen Einfluss wie natürlich auch die genetische Veranlagung. Zudem können Erkrankungen beispielsweise der Schilddrüse vorliegen, die Übergewicht begünstigen oder mit sich bringen. Diese müssen dann in jedem Fall ebenso behandelt werden bzw. primär behandelt werden, bevor das Übergewicht als Symptom behandelt wird. Und schließlich: Selbst wenn dauerhaft zu viele Kalorien aufgenommen werden, ist es Betroffenen meist nicht ohne weiteres möglich, die Kalorienaufnahme eigenständig zu beschränken. Auch hierfür gibt es gute, womöglich evolutionäre Gründe („Selfish Brain Theory“). Auch psychische Ursachen können dazu beitragen, dass das Übergewicht auf „normalem“ Wege, also durch Ernährungsumstellung und mehr Bewegung, allein nicht beizukommen ist. Hier muss die Behandlung entsprechend breit gefächert ansetzen: Die Magenballon-OP sollte je nach individuellem Bedarf zum Beispiel auch zum Beispiel durch eine Therapie und/oder durch eine speziell abgestimmte Ernährungsberatung begleitet werden. Auch gezielte Physiotherapie kann in den ersten Monaten sehr hilfreich sein: Je stärker das Übergewicht, desto schwerer fällt es Betroffenen naturgemäß, Sport zu treiben. Manchmal ist hierzu eine genaue Anleitung und Begleitung sinnvoll, die gern auch in der Gruppe mit Gleichgesinnten erfolgen kann.
Magenband oder Magenballon? Die wichtigsten Unterschiede
Sowohl das Einsetzen eines Magenbands, das wie eine Schlinge von außen um den Magen gelegt wird, als auch das Einsetzen eines mit Kochsalz gefüllten Silikonballons, der direkt in dem Magen platziert wird, dienen der Gewichtsabnahme. Das Einsetzen dieser medizinischen Hilfsmittel wird somit dem Bereich der Adipositaschirurgie zugerechnet. Darüber hinaus bieten zum Beispiel auch Fachärzte für Plastische und Ästhetische Chirurgie eine Magenballon-OP an.
Welche Varianten am besten geeignet ist, um starkes Übergewicht zu reduzieren, kann selbstverständlich nur im Einzelfall entschieden werden. Deshalb sollten sich Betroffene gut und ausführlich beraten lassen. Bei der Entscheidung spielen sowohl der BMI (Body Mass Index), also allgemein gesagt das Ausmaß des Übergewichts, als auch der allgemeine Gesundheitszustand eine wichtige Rolle.
Das Einsetzen des Magenballons kann auf endoskopische Weise erfolgen, stellt also einen insgesamt kleineren Eingriff in den Organismus dar. Allerdings ist natürlich auch dieser nicht ohne Risiken, die genau abgewogen werden müssen. In der Praxis wird die Magenballon OP sowohl als Alternative bei sehr stark übergewichtigen Patienten als auch für solche mit „normalem“ Übergewicht durchgeführt. In ersterem Fall kann eine Magenband-OP kontraindiziert sein, im zweiten Fall wird die Magenballon-OP zum Beispiel privat bezahlt, wenn die Krankenkasse auf Grund eines zu niedrigen BMIs die Kosten für den Eingriff nicht übernimmt.
Wie erfolgreich die jeweiligen Variationen zur Verkleinerung des Magenvolumens sind, lässt sich pauschal kaum vergleichen. Mit dem Magenband bestehen jahrzehntelange Erfahrungswerte, und eine Gewichtsreduktion kann hiermit in den meisten Fällen erreicht werden. Auch mit dem Magenballon soll das Abnehmen deutlich leichter fallen als ohne diesen Eingriff, allerdings müssen auch hier mögliche Nutzen und Risiken wie bereits beschrieben genau gegenübergestellt werden.
Magenballon: Kosten und Übernahme durch die Krankenkassen
Wie beim Magenband, so wird auch das Einsetzen eines Magenballons von den Krankenversicherungen in aller Regel nur dann übernommen, wenn andere Maßnahmen nachweislich nicht zur gewünschten Gewichtsabnahme geführt haben. Zudem muss ein relativ hoher BMI (über 30, eventuell auch über 40) vorliegen. Die Entscheidung, ob eine Magenband-OP oder ein Magenballon bezahlt werden, ist dann nochmals eine andere Frage. In der Praxis müssen Patientinnen und Patienten für die Magenballon-OP meist selbst aufkommen. Die Kosten belaufen sich auf zirka 2000 bis 3000 Euro aufwärts. Dabei sollten auch die Kosten für mögliche Folgebehandlungen (zum Beispiel Verkleinerung des Magenballons) bedacht werden.
Vorsichtsmaßnahmen vor der Magenballon-OP
Der behandelnde Arzt bzw. die zugehörige Klinik / Praxis geben ihren Patienten genaue Hinweise mit Verhaltensrichtlinien aus. Zu den üblichen Vorsichtsmaßnahmen vor einem Eingriff gehören der Verzicht auf Alkohol und blutverdünnende Medikamente, insbesondere ASS-haltige Schmerzmittel. Werden dauerhaft Blutverdünner eingenommen, so sollte das OP-Risiko genau abgesprochen werden. Diese Medikamente dürfen nicht eigenständig abgesetzt werden. Sollte eine Vollnarkose oder Kurznarkose gewünscht sein (zum Beispiel bei sehr starkem Würgereiz), so können hierfür weitere Vorsichtsmaßnahmen notwendig sein. Diese erklärt der behandelnde Anästhesist.
Das passiert während der Magenballon-OP
Das Einsetzen des Magenballons stellt einen vergleichsweise unkomplizierten Eingriff dar, der meist unter örtlicher Betäubung durchgeführt werden kann. Bei ängstlichen Patienten oder solchen, die einen starken Würgereiz verspüren, können weitere Formen der Anästhesie wie Kurznarkose oder Sedierung vorgenommen werden. Der gesamte Eingriff dauert in der Regel nicht länger als eine halbe Stunde.
Der Eingriff entspricht in weiten Teilen einer Magenspiegelung: Der Patient bzw. die Patientin schluckt einen Schlauch, über den der noch nicht aufgepumpte Magenballon eingesetzt wird. Nach korrekter Platzierung kann dieser nun wiederum über das Endoskop mit einer sterilen Kochsalzlösung gefüllt werden. Hierdurch nimmt er an Volumen zu und verkleinert im selben Moment wie gewünscht das zur Verfügung stehende Magenvolumen.
Zum Schluss zieht der Arzt den Schlauch wieder heraus, der Ballon sitzt nun im Magen.
Nach dem Eingriff
Ein stationärer Aufenthalt ist bei der Magenballon-Behandlung nicht nötig. Trotzdem sollten sich Patient/-innen ausreichend Zeit nehmen und sich am OP-Tag von einer Person ihres Vertrauens begleiten lassen. Das Führen eines Autos ist in der Regel untersagt.
Oft fühlt sich der Magenballon noch ungewohnt an: So kann er zum Beispiel zu einem Druckgefühl im Bauchraum führen, das jedoch mit Gewöhnung nach und nach verschwinden sollte. Auch stärkere Schmerzen und Übelkeit treten auf. Durch die Reizung von Hals und Speiseröhre mit dem Schlauch kann es zu Heiserkeit oder Halskratzen kommen. Auch diese Symptome klingen meist von selbst schnell wieder ab.
Risiken der Magenballon-OP
Neben typischen Nachwirkungen kann das Einsetzen des Magenballons natürlich auch schwerwiegendere Komplikationen mit sich bringen. Diese sollten bei der Entscheidung für die Behandlung immer bedacht werden.
Ein mögliches Risiko liegt darin, dass das Druckgefühl im Magen nicht verschwindet. In dem Fall kann eine Entfernung des Ballons notwendig werden. Der Magenballon kann platzen und sollte dann ebenso vom Facharzt entfernt werden. Dies kündigt sich durch Einfärbung des Urins an (die Kochsalzlösung ist mit einem speziellen Farbstoff versehen). In seltenen Fällen kann das Einsetzen des Magenballons oder auch die Entfernung dessen mit gefährlichen, mitunter lebensbedrohlichen Komplikationen einhergehen.
Auch wenn die Behandlung mit dem Magenballon als sanfte oder minimal-invasive Alternative zum Magenband angepriesen wird, so ist sie trotzdem nicht frei von Risiken. In seltenen Fällen sind auch schwere Komplikationen möglich. Diese müssen bei der Entscheidung für oder gegen den Eingriff genauso sorgfältig abgewogen werden wie die richtigen Indikationen: Nur bei Übergewicht, das auf üblichem Wege nicht reduziert werden konnte, und einem entsprechenden BMI sollte die Behandlung in Erwägung gezogen werden. Eine begleitende Therapie ist sehr sinnvoll und kann maßgeblich zum Behandlungserfolg beitragen.